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aare zeitung, 15. februar 2013
seite 17
NATUR
Biodiversität: Genügend Flächen, aber zu wenig Qualität
Die Landwirtschaft in der
Schweiz soll einen wesent-
lichen Beitrag zur Erhal-
tung und Förderung der
Biodiversität leisten. In
unserem Land bestehen
dafür nahezu genügend öko-
logische Ausgleichsflächen.
Hingegen bestehen Defizite
hinsichtlich deren Quali-
tät, und zwar vom Talgebiet
bis in die Bergzone II.
bu.
Aufwertungsbedarf bei den
ökologischen Ausgleichsflächen
zeigt sich im Mittelland und im
Jura, aber auch in tiefen Lagen
der Alpen sowie am südlichen
Alpenrand. Zu diesem Schluss
kommen das Büro UNA, das
Schweizer Zentrum für Karto-
grafie der Fauna (CSCF), Info
Flora und Agroscope in ihrer
Studie zur Konkretisierung der
Umweltziele Landwirtschaft
im Bereich Biodiversität, wel-
che sie im Auftrag des Bundes-
amtes für Umwelt (BAFU) und
des Bundesamtes für Landwirt-
schaft (BLW) erstellten.
Lebensräume aufwerten
«Um die gewünschte Qualität
der Flächen zu erreichen, sind
vom Talgebiet bis in die Berg-
zone II grosse Anstrengungen
nötig», sind sich die Hauptau-
toren einig. «Es braucht die
richtigen Flächen am richtigen
Ort und in der richtigen Qua-
lität, um die rund 1700 Ziel-
und Leitarten im Rahmen der
Umweltziele Landwirtschaft
zu erhalten, wie beispielsweise
die Kreuzkröte, die gewöhnli-
che Küchenschelle oder den
Blauschillernden Feuerfalter.»
Für jede Region und Subre-
gion schlägt die Studie Schwer-
punkte zur Aufwertung der Le-
bensräume vor. Dazu gehört
zum Beispiel die Förderung von
Kleinstrukturen wie Altgras-
streifen, Stein- und Asthaufen
oder von Hecken, Feuchtgebie-
ten und Trockenwiesen.
Positives Bild in höheren
Lagen
Die höher gelegenen Alpen und
die tiefen Lagen des Wallis wei-
sen hingegen noch genügend
qualitativ gute Flächen auf, um
die Vielfalt von Arten und Le-
bensräumen zu gewährleisten.
Das gilt auch für die Bergzonen
III und IV sowie für die Sömme-
rungsgebiete. Dort gilt es, den
aktuellen Zustand zu erhalten.
Operationalisierung der
Umweltziele
Der Bund will die Artenvielfalt
im Kulturland fördern. Doch
welche Arten sollen wo erhal-
ten werden und wie können die
Ziele erreicht werden? In einem
ersten Schritt legten die elf Au-
torinnen und Autoren der Stu-
die «Operationalisierung der
Umweltziele Landwirtschaft –
Bereich Ziel- und Leitarten, Le-
bensräume (OPAL)» Qualitäts-
kriterien für ökologisch wert-
volles Kulturland fest und defi-
nierten fünf Hauptregionen und
24 Subregionen. Dann schätz-
ten sie ab, wie gross der aktuell
vorhandene Anteil an Flächen
mit guter Qualität in verschie-
denen Regionen und landwirt-
schaftlichen Zonen ist. Schliess-
lich definierten sie anhand von
zehn Fallbeispielen und Ver-
breitungspotentialen von Tier-
und Pflanzenarten einen Soll-
Zustand. Aus dem Vergleich mit
der aktuellen Situation wurden
für jede Region Verbesserungs-
vorschläge abgeleitet.
Bild: Karin Schneider
Euphydrias aurinia
Bild: Beat Bäumler
Pulsatilla vulgaris
Farbenprächtige Wahl: Pirol ist
Vogel des Jahres 2013
Der Pirol braucht struktur-
reiche, alte Laubwälder mit
einem grossen Insekten-
reichtum als Lebensraum. Er
bevorzugt daher alte Eichen-
und Auenwälder. In Misch-
wäldern können mit einem
guten naturnahen Waldbau
für die Biodiversität auch
weitere Lebensräume für den
Pirol bereitgestellt werden.
Wichtig sind dort die För-
derung alter, grosskroniger
Laubbäume mit Licht und
blütenreiche Wiesen und
Wegränder in und um die
Wälder, welche eine grosse
Insektenvielfalt beherbergen.
bu.
Pirole treffen Anfang Mai
aus Afrika kommend in der
Schweiz ein. Schwarze Flü-
gel auf sonnengelbem Körper
und ein roter Schnabel sind die
Merkmale des Männchens. Das
brütende Weibchen ist durch
seine olivgrüne Oberseite und
grau-bräunliche Flügel und
Schwanzfedern getarnt. Nur
die Brust ist weiss mit dunk-
len Sprenkeln. Ältere Weib-
chen können ebenfalls fast so
gelb wie junge Männchen wer-
den. Der Gesang, ein flötendes
«didilüoh», unterscheidet sich
deutlich von dem anderer Vö-
gel in Mitteleuropa. Den Namen
«Regenkatze» verdankt der Pi-
rol seiner Eigenheit, selbst noch
bei schwülem Wetter, z.B. kurz
vor einem Sommergewitter, zu
singen. Nach dem Volksglauben
kündet er so Regen an.
Dank roten Kirschen ein
gelber Vogel
Der Pirol bevorzugt als Nahrung
Schmetterlinge aller Art und
deren Raupen. Er reichert sei-
nen Speisezettel aber auch mit
anderen Insekten an wie Amei-
sen, Heuschrecken und diver-
sen Käfern sowie Spinnen. Eine
besondere Vorliebe hat der am-
selgrosse Vogel zudem für Kir-
schen. Darum befindet sich in
einem Pirolrevier fast immer
ein Kirschbaum. Pirole fres-
sen Kirschen auch als Grund-
nahrungsmittel und verfüttern
sie an ihre Jungvögel, wenn In-
sekten infolge kühler Witte-
rung knapp werden. Zudem be-
inhalten die roten Früchte Ka-
rotinoide, die zum Gelb der Fe-
dern beitragen. Auch während
des Zuges ernährt sich der Pirol
gerne von Früchten.
Insektenreiche, alte
Laubwälder gefragt
Wenn der Pfingstvogel, wie er
im Volksmund wegen seiner
Ankunft um Pfingsten herum
auch genannt wird, Anfang bis
Mitte Mai in der Schweiz an-
kommt, sucht er sich ein insek-
tenreiches Laubwaldgebiet, oft-
mals mit angrenzenden, blü-
tenreichen Wiesen bis in etwa
600 Meter Höhe. Alte Eichen-
und Auenwälder werden dabei
bevorzugt, da sie einen grossen
Artenreichtum aufweisen und
von unzähligen Insekten be-
siedelt werden. In der Schweiz
brüten jährlich 1000-2000 Pi-
rolpaare.
Ausdauernder
Langstreckenzieher
Anfang August machen sich die
Pirole bereits wieder auf den bis
zu 11'000 Kilometer langen Weg
in den Süden.
Die Reise führt sie im Herbst
meist erst nach Südosten und
schliesslich über das Mittelmeer
nach Afrika, wo sie die Sahara
durchqueren. Die ersten Win-
terquartiere finden sich in der
Zentralafrikanischen Republik
und in Kamerun. Der grösste
Teil der Vögel zieht allerdings
noch bis nach Südostafrika wei-
ter, wo sich das grösste Über-
winterungsgebiet von Kenia
und Uganda bis nach Südafrika
erstreckt.
Der Pirol braucht strukturreiche, alte Laubwälder mit einem grossen Insektenreichtum als
Lebensraum
Bilder: zVg
Der Pirol, im Volksmund auch Pfingstvogel genannt, wird Anfang bis Mitte Mai von Afrika her
in die Schweiz kommen