Page 3 - Oltner Woche - KW 45 - 2015
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AKTUELLES / KOLUMNE Freitag, 6. November 2015 Seite 3 FORTSETZUNG FRONT manden zu sich einladen, denn Auch im Bereich Arbeit enga- wahr und es ist keine Vorausset- dann wäre es ihr nicht mehr Moment mal... giert sich Pro Infirmis in Ko- zung, dass Klientinnen und Kli- operation mit Partnerorganisa- enten in psychopharmakologi- möglich, das Bild eines gelingen- tionen für die Teilhabe von psy- scher oder therapeutischer Be- den Alltags aufrechtzuerhalten. chisch beeinträchtigten Klien- handlung sind, wenn sie sich an Die Begleitperson von Pro Infir- tinnen und Klienten, denn Pro Pro Infirmis wenden. Die So- mis ist eine der wenigen Perso- Infirmis vertritt die Haltung, zialarbeitenden erschliessen nen, die Einblick erhält in das, dass sich das Ausüben einer be- mit den Klientinnen und Klien- was nicht gelingt: den Überblick Wir sind umzingelt ruflichen Tätigkeit positiv auf ten Ressourcen und Lösungs- über Papiere und Finanzen be- die psychische Gesundheit aus- wege, damit diese ihre aktu- halten, die Aufrechterhaltung von Idioten wirkt. Und genau darum geht elle Lebenssituation bewältigen einer Ordnung in der Wohnung, es: Trotz einer psychischen Er- und ihre persönlichen Ziele er- die Bewältigung von regelmäs- krankung ist es möglich, Wege reichen können. Dabei berück- sigen, scheinbar einfachen Ab- HHH riger einen guten Freund oder zu persönlichem Wohlbefinden sichtigen sie dennoch die Le- läufen wie Abwaschen, Aufräu- eine Freundin zu umarmen zu finden und ein sinnerfülltes bensführung der Klientinnen men und Putzen. Gemeinsam und Verbundenheit auszudrü- und selbständiges Leben zu füh- und Klienten sowie die Aus- mit der Begleitperson werden Ärgern Sie sich manchmal cken? Was hindert uns daran? ren. Klientinnen und Klienten in wirkungen auf das soziale Um- hier einmal in der Woche Wege auch grün und blau, über den Wir tun es nicht oder nur noch diesem Suchprozess zu beglei- feld. In der Beratung wird bei gesucht, diese Herausforderun- Idioten, der vor ihnen fährt, selten, weil wir gelernt haben ten und zu unterstützen, ist Auf- Bedarf mit Fachpersonen und gen anzugehen, sich aufzuraf- über den unfähigen Lehrer ih- alles zu analysieren und zu hin- gabe und Ziel der Sozialberatung -organisationen der Psychiat- fen und zu motivieren, um an- rer Kinder, über die Steuerbe- terfragen. Nichts ist so, wie es von psychisch beeinträchtigten rie und Psychotherapie zusam- stehende Aufgaben zu erledigen. hörden, über ihren arroganten scheint. Hinter allem, was wir Personen. mengearbeitet. Die Sozialarbei- Frau K. sagt, die Begleitung helfe Chef, den aufdringlichen Nach- sagen oder tun, steckt vermut- tenden besuchen Weiterbildun- ihr, ein weiteres Stück Normali- barn, ihre umständlichen El- lich eine gezielte Absicht, eine Alltagsbewältigung gen zur Beratung von psychisch tät in ihr Leben zu bringen und tern, über den überheblichen Strategie, die zum Ziel hat, je- in der Wohnschule beeinträchtigten Menschen und zu erleben, dass sie auch diesen Freund ihrer Tochter, über, manden zu beeinflussen, auf Psychische Gesundheit ist zu Pro Infirmis stellt ihnen Reflexi- Teil des Alltags in den Griff be- über, über… seine Seite zu ziehen, jeman- einem oft verwendeten Begriff onsgefässe wie Intervision und kommen kann. Genauso wich- den rum zu kriegen oder sich geworden. Was macht uns psy- Supervision zur Verfügung. Im tig ist ihr, dass sie sich vor der Es gibt so vieles, das uns tag- einen Vorteil gegenüber ande- chisch gesund und welches sind Sinne der UNO-Behinderten- Begleitperson nicht verstecken täglich ärgert, völlig berech- ren zu verschaffen. «Läck, lueg Merkmale psychischer Gesund- rechtskonvention setzt sich Pro muss und dass sie eine Person tigt. Wir sind umzingelt von Idi- dä Schliemer a, was wott äch heit bei uns Menschen? Fest Infirmis für die selbstbestimmte hat, mit der sie sprechen kann, oten, die uns das Leben unend- dä vo dere, dä isch de vou der- steht: Die Komplexität äusserer und barrierefreie Teilhabe von die ihr zuhört, die regelmässig lich schwer machen. Aber wis- näbe», so oder ähnlich tönt es Reizangebote beeinflusst das Menschen mit Behinderung in zu ihr kommt, egal in welcher sen Sie was das Erstaunlichste doch, wenn man jemandem in Leben jedes Einzelnen. Doch allen Lebensbereichen ein. Eine Stimmung sie gerade ist. Sozial- an diesem Haufen Ärger ist? Er aller Öffentlichkeit spontan nicht alle können mit dieser psychische Erkrankung kann beratung im Ambulatorium für tut uns gut, er bereichert un- seine Sympathie, Dankbarkeit vielschichtigen Reizüberflutung die gesellschaftliche Teilhabe Psychiatrie und Psychothera- ser Leben, wir benötigen ihn oder freundschaftliche Zunei- umgehen. Dies zeigt sich auch beeinträchtigen und den Men- pie in Wohlen. Seit Herbst 2013 wie die Luft zum Atmen, er ist gung bekundet. in der Wohnschule. So änderten schen vorübergehend oder dau- arbeitet Laura Nogueira, Sozi- ein erfolgreiches Geschäftsmo- sich die Schwerpunkte der Men- erhaft aus dem gewohnten Ar- alarbeiterin von Pro Infirmis dell, er unterhält uns auf Face- Also, lassen wir es lieber sein. schen, welche das Wohnschul- beits- und Wohnumfeld reissen. Aargau-Solothurn, mit den Pati- book, er sorgt dafür, dass wir Wir müssen ja nicht unbedingt angebot in Anspruch nehmen, Pro Infirmis sucht zusammen entinnen und Patienten des Am- zumindest einmal pro Tag mit krampfhaft nach jenen zwei, innerhalb von 13 Jahren auf- mit den Klientinnen und Klien- bulatoriums in dessen Räum- unserem Ehepartner reden, drei Personen Ausschau hal- fallend. Die Wohnschule sprach ten nach Wegen, wie sie ihre so- lichkeiten in Wohlen. Die An- über den ganzen Ärger, den wir ten, denen wir unsere Sym- in den ersten Jahren vermehrt ziale Teilhabe trotz der Erkran- meldung erfolgt durch die Be- heute über uns ergehen lassen pathie bekunden können und Menschen mit einer «klassi- kung wahrnehmen können. troffenen oder die fallführende mussten. Ein Leben ohne Är- die sich vielleicht sogar darü- schen geistigen Behinderung» Mit der Dienstleistung Begleite- Mitarbeiterin / den fallführenden ger ist für uns schlicht unvor- ber freuen würden. Es gibt ja an. Heute sind vielfach sekun- tes Wohnen ermöglicht Pro In- Mitarbeiter des Ambulatoriums. stellbar, wir würden depressiv, genug Idioten um uns herum, däre Beeinträchtigungen unse- firmis ihnen, in ihrem frei ge- Langeweile würde sich aus- über die wir uns grün und blau rer Klientel beeinflussend. Wir wählten Wohnumfeld selbstän- Frau Nogueira erfasst in einem breiten oder noch viel schlim- ärgern können. Ich gebe es zu, beschäftigen uns täglich mit der dig leben zu können, auch wenn ersten Schritt die Lebenssitua- mer, wir könnten unvermittelt auch mein Leben ist reich an Frage, wie die Wohnschulabsol- ihre Fähigkeit zur selbständi- tion der Betroffenen – was geht glücklich werden. Eine grauen- Idioten, die mich immer wie- ventinnen und -absolventen in gen Lebensführung vorüberge- gut und bei welchen Lebensthe- hafte Vorstellung. der ärgern, aber sie werden er- der Praxis unterstützt, gefördert hend eingeschränkt ist. Auch men stellen sich Fragen? So zei- staunlicherweise immer we- und gefordert werden können. im Bereich Arbeit engagiert sich gen sich sowohl die Ressourcen Ich frage mich immer wieder, niger. Dafür nehmen jene zu, Dabei steht die persönliche Ent- Pro Infirmis in Kooperation mit wie auch der Unterstützungsbe- weshalb es uns so unendlich di mich «vou dernäbe» finden, wicklung jedes Einzelnen hin zu Partnerorganisationen für die darf. Die Patientinnen und Pati- schwer fällt, ein nettes, loben- weil ich immer mehr Menschen einem eigenständigeren, selbst- Teilhabe von psychisch beein- enten finden durch die Sozial- des, aufmunterndes, liebevol- in meiner Umgebung zeige, bestimmten Leben nach wie vor trächtigten Klientinnen und Kli- beratung in den Bereichen Ar- les, sympathisches, anerken- dass ich sie wirklich gut finde, im Mittelpunkt unserer Arbeit. enten, denn Pro Infirmis ver- beit, Wohnen, Recht, Tages- nendes oder ein mitfühlendes dass sie mir sympathisch sind, Das Grundsatzziel der Wohn- tritt die Haltung, dass sich das struktur, Finanzen und Familie Wort an unser Gegenüber zu dass sie mir gut tun, dass ich schule bleibt und fordert uns Ausüben einer beruflichen Tä- Lösungen. Dies wirkt sich posi- richten. Warum sagen wir un- ihnen dankbar bin für ihre Un- heraus, der Komplexität gerecht tigkeit positiv auf die psychi- tiv auf den Gesundungsprozess seren Mitarbeitern kaum ein- terstützung, dass sie gute Ar- zu werden. Die Wohnschule hat sche Gesundheit auswirkt. Und aus. Das Netzwerk von Pro In- mal, dass sie gute Arbeit ge- beit leisten, dass sie gut aus- sich in den vergangenen Jahren genau darum geht es: Trotz ei- firmis steht vollumfänglich zur leistet haben und dass man ihr sehen oder liebenswürdig sind. verändert. Die Ausbildungsse- ner psychischen Erkrankung ist Verfügung. Damit der gegen- Engagement schätzt, einer Kol- Und wissen Sie was: Die fin- quenzen wurden angepasst und es möglich, Wege zu persönli- seitige Fachaustausch stattfin- legin, dass sie gut aussieht und den das überhaupt nicht «der- die Begleitung Sozialberatung chem Wohlbefinden zu finden den kann, beteiligt sich Frau dass man sich freue, sie wieder näbe»… für Menschen mit einer psychi- und ein sinnerfülltes und selb- Nogueira am täglichen Ärzterap- einmal zu sehen, seiner Frau, schen Beeinträchtigung. ständiges Leben zu führen. Kli- port. Die Arbeit in zwei Teams dass man froh sei, sie an seiner Walter Ryser entinnen und Klienten in die- ist anspruchsvoll, gleichzeitig Seite zu haben? Warum sagen Redaktioneller Mitarbeiter Psychische Probleme sem Suchprozess zu begleiten aber befruchtend und für alle wir dem Lehrer nicht einmal nehmen zu und zu unterstützen, ist Aufgabe Beteiligten ein Mehrwert. Danke für seinen Einsatz und Vor elf Jahren, im Jahr 2004, und Ziel der Sozialberatung von warum ist es für uns schwie- HHH wurde die Dienstleistung für psychisch beeinträchtigten Per- pd Menschen mit einer psychi- sonen. schen Beeinträchtigung geöff- Pro Infirmis Aargau-Solothurn net. Seitdem nimmt die Anzahl Begleitetes Wohnen Bahnhofstrasse 18 psychisch beeinträchtigter Kli- Frau K. führt, von aussen be- Postfach, 5001 Aarau entinnen und Klienten kontinu- trachtet, ein Leben wie viele an- Tel. 058 775 10 50 ierlich zu. 2014 nahmen 2625 dere Menschen auch. Sie lebt in ag.so@proinfirmis.ch Personen die Sozialberatung einer eigenen Wohnung und geht www.proinfirmis.ch von Pro Infirmis Aargau-Solo- ihrer Arbeit nach. Die beiden in- thurn in Anspruch, wo von 945 zwischen selbständigen Kinder eine psychische Beeinträchti- besuchen sie öfters übers Wo- Pro Infirmis ist auf Achten Sie beim Spenden auf das Zewo-Gütesiegel, damit Ihr Geld gung hatten. chenende. Ihre psychische Er- Ihre Spende angewiesen! neue Hoffnung schafft. Die fünf wichtigsten Regeln für wirksames krankung stellt sie immer wie- Überweisen Sie Ihren Beitrag auf: Spenden – jetzt als Kurzfilm auf unserer Website: www.zewo.ch. In der Sozialberatung von Pro der vor Herausforderungen bei Postcheckkonto 50-4722-2 Infirmis steht die psychosozi- der Bewältigung des Alltags. oder Neue Aargauer Bank AG, ale Situation im Vordergrund. Sie zieht sich zurück, hat wenig 5001 Aarau Die Sozialarbeitenden nehmen Kontakte zu anderen Menschen, IBAN CH77 0588 1061 2856 7000 2 keine therapeutische Funktion vor allem kann und will sie nie-
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