Page 2 - Solothurner Nachrichten - KW 23 - 2022
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SEITE 2 WEITERBILDUNG DIENSTAG, 7. JUNI 2022
Wer hat Mut zum «Reverse Mentoring»?
Mentoring «verkehrt» – Wenn der Junior den Senior coachen soll
Viele Unternehmen erleben eine Strukturanpassung oder diese
steht unmittelbar bevor. Das ist ein Prozess, der nicht ohne
Nebenwirkungen bleibt. Besonders nicht bei betroffenen Mit-
arbeitenden. In solchen Situationen ist betriebliches Mentoring
gefragt. Im klassischen Mentoring kümmert sich ein Dienstälte-
rer um eine in einem Fachgebiet noch unerfahrene jüngere Per-
son, damit diese sich in vordefinierten Bereichen schnell und
ohne Umwege weiterentwickeln kann. Im Reverse Mentoring
funktioniert das genau anders herum: Der Junior coacht den
Senior auf jenen Themengebieten, die Jung besser kann als Alt.
Aber: Nicht alle haben den Mut zu solch einem Rollentausch.
Regina Widmer ist bei der Lern- professionellen Begleitungs-
werkstatt Olten zuständig für arbeit zu nachhaltigem Erfolg
die Organisations- und Perso- verhilft.»
nalentwicklung und leitet den
Bereich «Produkte Coaching/ Ein echt spannender Prozess
Mentoring». Als Betriebsökono- Betroffene zu Beteiligten zu ma-
min hat sie vor über 20 Jahren chen, das sei zum Beispiel ein
via Qualitätsmanagement die wichtiges Motto in der Beglei-
Passion für die Organisations- tungsarbeit. «Die Aufgabe ist, den Bild: zVg / LWO
und Personalentwicklung ent- Mitarbeitenden den Sinn ihrer Im Normalfall werden die erfahreneren Mitarbeiter/innen zu Mentorinnen und Mentoren. Manchmal macht es aber
deckt und auch das grosse Be- Arbeit zu vermitteln und mit kla- sogar mehr Sinn, wenn man die Rollen vertauscht.
dürfnis vieler Branchen nach ren Strukturen Orientierung zu
einem effizienten und nach- geben. Daneben ist es wichtig, rung. Dennoch liegt es im Trend, chische Abhängigkeit bestehen. optimiert und die Lernpyramide
haltigen betrieblichen Mento- den Mitarbeitenden innerhalb dass immer mehr Jüngere sich Zuverlässigkeit, Integrität, Of- auch mal auf den Kopf gestellt.
ring. Mit der Transformation ihres Verantwortungs- und Auf- zu betrieblichen Mentorinnen fenheit und Ehrlichkeit sind ein Zudem wird eine grössere Aufge-
der Arbeitswelten 4.0 und 5.0 gabenbereichs einen möglichst und Mentoren ausbilden lassen Muss. Zudem braucht es Freiwil- schlossenheit für Zukunftsthe-
hat sich dieses sogar noch stär- grossen Gestaltungsspielraum zu wollen. Einer der Gründe: Die ligkeit auf beiden Seiten verbun- men erreicht und vielleicht so-
ker entwickelt. ermöglichen und Perspektiven digitale Fitness im Unterneh- den mit absoluter Diskretion. gar der digitale IQ im gesamten
Regina Widmer: «Das Berufs- aufzuzeigen», so Widmer. men muss oftmals erhöht oder Die Akteure müssen menschlich Unternehmen gesteigert. Zudem
bild der betrieblichen Mento- Prozesse und Strukturen ver- zueinander passen sowie Ver- können etwaige Blockaden der
rin, beziehungsweise des be- Mentoring-Bedürfnis steigt jüngt werden. Es geht darum, trauen und Respekt für einan- älteren Mentees gelöst, Verände-
trieblichen Mentors begeistert bei Auszubildenden altgewohnte Denk- und Arbeits- der empfinden. Sie betrachten rungsängste abgebaut, festgefah-
mich in seiner ursprünglichen Nach den Sommerferien 2022 weisen an die Erfordernisse der sich als gleichwertig und begeg- rene Mindsets gelockert und Ge-
Form und motiviert mich auch drängen nun wieder viele Ler- Zukunft anzupassen sowie ältere nen sich auf Augenhöhe. nerationen-Vorurteile beseitigt
heute bei der täglichen Arbeit.» nende und Praktikantinnen und Kollegen, Kader und das Topma- werden. Der Mentee kann von
Sie betont, dass man sich dabei Praktikanten in den Arbeits- nagement mit der Lebenswelt Immer auf Augenhöhe der unverstellten Wahrnehmung
auf ein ressourcen- und lösungs- markt. Sie alle wollen mit einen der Millenials besser vertraut zu Der Dialog zwischen Jung und Alt der jungen Kollegen profitieren
fokussiertes Vorgehen konzent- guten Mindset auf ihrem neuen machen. Insofern eignet sich das zu unterschiedlichen Ansätzen und neue Sichtweisen gewinnen.
riere und sich am systemisch- Weg begleitet werden. Auch hier Reverse Mentoring für Konzerne und Standpunkten über Genera- Schliesslich kann es auch darum
konstruktivistischen Denken bietet sich gutes Coaching und genauso wie für KMU. tionen und Hierarchien hinweg gehen, wie die Millenials geführt
orientiere. «Dabei entwickeln Mentoring an. Die Grundvoraussetzungen: kann die Unternehmenskultur werden wollen, um so die eige-
unsere Teilnehmenden eine Nun ist diese Aufgabe gespickt Zwischen Mentor/in und Men- insgesamt befruchten und das nen Leadership-Kompetenz zu
autonomiefördernde Grundhal- mit viel Verantwortung und er- tee dürfen keine Konkurrenzsi- Verständnis füreinander verbes- optimieren.
tung, die ihren Mentees in der fordert viel Weitblick und Erfah- tuation und auch keine hierar- sern. Der Wissenstransfer wird Die Mentoren, die auch aus
dem Kreis der Auszubilden-
den, Berufseinsteiger und so ge-
nannten High Potentials rekru-
tiert werden können, erfahren
durch ihren Einsatz eine hohe
Wertschätzung. Sie bekommen
Sichtbarkeit im Unternehmen,
verbreitern ihre fachlichen und
zwischenmenschlichen Kom-
petenzen, erweitern ihr per-
sönliches Netzwerk, gewinnen
direkten Zugang zur Unterneh-
mensspitze und pushen damit
auch ihren Karriereweg.
Tipp – Informativ und
unterhaltsam
Im Bildungsblog auf www.bil-
dungsblog.ch werden Bildungs-
fachleute und alle, die sich für
Weiterbildung interessieren lau-
fend mit neuen und interessan-
ten, unterhaltsam geschriebe-
nen Inputs aus
vielen Fachge-
bieten gefüt-
tert. Auch zum
Thema Betriebli-
ches Mentoring.
Coach und Mentor werden
Die Lernwerkstatt Olten bietet an
zwölf Standorten, neu auch on-
line, Weiterbildungen zum Coach
und zum betrieblichen Mentor /
zur betrieblichen Mentorin mit
eidg. Fachausweis an.