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ENERGIE-SPEZIAL                                                                                                                  DIENSTAG, 2. MÄRZ 2021 | SEITE 5
            ENERGIE-SPEZIAL







                     Sonne und Holz – ein nachhaltig eingespieltes Team




         Solares Bauen – Solararchitektur und Holzbau sind ein er-                                                                             energieversorgung von sage und
         folgreiches Doppel – das zeigt sich Jahr für Jahr bei der Ver-                                                                        schreibe 817% – das ist ein neuer
         leihung der Schweizer Solarpreise. Warum das so ist, erklärt                                                                          Rekord unter den Schweizer So-
         einer der Pioniere des Bauens mit Holz und Solartechnik in                                                                            larpreisen und den Plusenergie-
         der Schweiz.                                                                                                                          Awards. Das perfekt dachinteg-
                                                                                                                                               rierte Fotovoltaiksystem mit 48
         Die Schweiz will bis 2050 kli-    baute Holz aus lokaler Produk-                                                                      kW Leistung produziert 40200
         maneutral sein. Wenn man sich  tion stammt. Mit Blick auf das                                                                         kWh Strom pro Jahr. Dank gu-
         vor Augen führt, dass Bauten  Ziel der Dekarbonisierung steht                                                                         ter Dämmung, effizienten Haus-
         bei uns noch immer für knapp  die Nutzung erneuerbarer Ener-                                                                          haltsgeräten und LED-Beleuch-
         einen Viertel der CO2-Emissio-    gien im Vordergrund – vor allem                                                                     tung beträgt der Gesamtener-
         nen verantwortlich sind, bleibt  der Sonnenenergie. Ein Quad-                                                                         gieverbrauch des Hauses da-
         der  Gebäudebereich  weiterhin  ratmeter Erde empfängt in der                                                                         gegen nur 4900 kWh/a. Der
         gefordert, seinen Treibhausgas-   Schweiz jedes Jahr etwa 1000                                                                        Plusenergie-Holzbau Moosweg
         Ausstoss zu reduzieren. Holz  Kilowattstunden Sonnenener-                                                                             in Riehen – ebenfalls ein Ein-
         hat dabei einen Heimvorteil:  gie – das entspricht etwa 100                                                                           familienhaus – zeigt das funk-
         Denn jeder Kubikmeter Holz  Litern Öl. Geeignete Schweizer                                                                            tionierende Zusammenspiel
         bindet ungefähr eine Tonne at-    Hausfassaden könnten schät-                                                  Bild: KÄMPFEN ZINKE + PARTNER AG  von Architektur und Nachhal-
         mosphärisches CO2. Verbau-        zungsweise rund 17 Terawatt-     Mehrfamilienhaus an der Segantinistrasse in Zürich-Höngg: Fotovoltaikzel-  tigkeit. Eine vollflächig dachin-
         tes Holz wirkt also als CO2-      stunden Solarstrom pro Jahr er-  len auf dem Dach und rings ums Haus machen den Minergie-PHolzbau, der   tegrierte, 20,8 kW starke Foto-
         Senke. Der Einsatz von Holz  zeugen. Zusammen mit den Dä-          übrigens zu den Solarpreisgewinnern 2019 gehört, zu einem 126%-Plusener-  voltaikanlage erzeugt  jährlich
         anstelle anderer Baustoffe ver-   chern beträgt das ausschöpf-     giehaus.                                                           21500 kWh Strom. Der Strom-
         meidet gleichzeitig deren CO2-    bare Solarstrompotential der                                                                        bedarf des Einfamilienhauses
         Emissionen; das entlastet das  Schweizer Gebäude rund 67 Te-       dern, braucht es mehr Wissen  larpreis und der Norman Fos-         liegt bei 6500 kWh pro Jahr. Da-
         Klima gleich noch einmal. Zu-     rawattstunden pro Jahr. Die ge-  über  gebäudeintegrierte  Solar-  ter Solar Award für besonders  raus resultiert ein jährlicher So-
         dem steckt in Holz im Vergleich  baute Realität hinkt dem gewal-   technik bei Eigentümern und  gelungene  Plusenergiebauten  larstromüberschuss von 15000
         zu anderen Materialien sehr  tig hinterher: 2019 waren Solar-      Planern. Und vor allem gute Bei-  vergeben – Gebäude also, die  kWh oder ein 329%-Plusener-
         wenig graue Energie: Die ‹Her-    panels mit einer Leistung von  spiele.                            mehr Energie erzeugen, als sie  giehaus. Im Gegensatz zu vielen
         stellung› von Holz übernimmt  etwa 2,5 Gigawatt installiert, die                                    selber verbrauchen. Beim Nor-     Bauten, bei denen sich die Foto-
         der Wald als ‹Solarfabrik›, und  knapp 4% des Strombedarfs der  Dass  Solarenergie  am  Bau  zu  man Foster Solar Award sind  voltaikelemente hinter Kaschie-
         Ernte und Verarbeitung erfol-     Schweiz abdeckten. Das solare  Spitzenleistungen fähig ist, zeigt  es 2020 gleich zwei Holzbau-     rungen aller Art verbergen, wer-
         gen ausgesprochen energiearm.  Bauen hat also in der Schweiz  Jahr für Jahr der Schweizer So-       ten, die einen Preis davontra-    den hier ihre Vorzüge als archi-
         Die graue Energie reduziert  noch sehr viel Luft nach oben.  larpreis. Bereits zum elften Mal  gen. Das Plusenergie-Einfami-          tektonische Komponente klar
         sich aufgrund kurzer Transport-   Zwei Notorische Spitzenkombi:  wurden diesen Herbst dabei  lienhaus Brunner-Bapst in Wal-           artikuliert.
         wege noch mehr, wenn das ver-     Sonne und Holz. Um das zu än-    auch der Plusenergiebauten-So-   tensburg kommt auf eine Eigen-                                 pd



                                                                              ANZEIGE




















                                                          Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

              Nachhaltigkeitsbewusstsein gibt den Ausschlag

            Warum sind es immer wieder Holzbauten, die auf dem Solar-        Lignum stellt sich hinter das neue CO2-Gesetz
            preis-Podest stehen? Der Zürcher Architekt Beat Kämpfen ist
            einer der Pioniere des nachhaltigen Bauens in der Schweiz:
            Seit zwanzig Jahren kombiniert er Solartechnik und Holzbau      Eine ambitionierte Klimapolitik eröffnet Chancen für eine          verarbeitung Arbeit und Ver-
            in konsequenter Weise. Er verweist auf die zentrale Rolle der   nachhaltige und treibhausgasarme Wirtschaft. Lignum, der           dienst auch in Randregionen,
            Bauherrschaft. ‹Es ist eine Frage der Mentalität›, sagt Kämp-   Dachverband  der  Schweizer  Wald-  und  Holzwirtschaft,  hat      erzeugt ökologische, energie-
            fen. ‹Wer solar baut, bezieht seine Motivation aus einem ausge-  deshalb die Ja-Parole zur Totalrevision des CO2-Gesetzes ge-      effiziente Produkte mit kurzen
            prägten Umweltbewusstsein. Eine Bauherrschaft, die so tickt,    fasst. Wald und Holz tragen bereits heute wesentlich dazu bei,     Transportwegen und bietet dem
            weiss auch, dass die Grauenergiebilanz beim Holzbau hervor-     die Klimaziele der Schweiz zu erreichen.                           Markt technisch führende und
            ragend ist. Es sind aber auch Leute, die das gute Wohnklima                                                                        zugleich ausgesprochen klima-
            im Holzbau zu schätzen wissen.› Die Nutzung der Sonnen-         Die Schweizer Wald- und Holz-     sicherheit bietet und nachhal-   schonende Bausysteme an. Ge-
            energie setzt allerdings den konsequenten Einsatz von Tech-     wirtschaft sieht sich als wichti-  tigen Branchen Wachstums-       bäude verursachen noch immer
            nik voraus. Diese muss sich im Erscheinungsbild eines Hau-      gen Hebel zur Bekämpfung der  chancen eröffnet. Die Lignum  knapp einen Viertel des gesam-
            ses zeigen. Fördert das nicht Bauten, die Funktion über Ästhe-  Klimaerwärmung und unter-         als Dachorganisation der Wald-  ten Treibhausgasausstosses der
            tik stellen? Kämpfen winkt ab. Er hält nichts von der in Archi-  stützt deshalb das revidierte  und Holzwirtschaft schliesst  Schweiz. Der vermehrte Ein-
            tekturkreisen oft erhobenen Klage, Solartechnik schränke die    CO2-Gesetz, welches die eid-      sich dieser Sicht an, welche  satz von Holz anstelle energie-
            Gestaltungsfreiheit übermässig ein. ‹Man muss die verwen-       genössischen Räte am 25. Sep-     auch wichtige Organisationen  intensiver und klimaschädli-
            dete Technik in einem frühen Stadium in die Gestaltung einbe-   tember 2020 in der Schlussab-     der Bauwelt teilen. Die Schwei-  cher Materialien im Bauwesen
            ziehen, das ist richtig›, sagt der Architekt. ‹Aber ihre Betrach-  stimmung angenommen haben.  zer Wald- und Holzbranche ist  erspart dem Klima deren CO2-
            tung als reiner Störfaktor greift zu kurz. Wie kann ich neue    Ein Wirtschaftskomitee, dem  einer der zentralen Pfeiler des  Emissionen – und dies nicht nur
            technische Materialien für eine spannende Gestaltung einset-    mehrheitlich Verbände aus den  Wandels von der erdölbasierten  im Neubau, sondern auch beim
            zen? Das ist die eigentliche Frage.› So hat Kämpfen zum Bei-    Bereichen Mineralöl und mo-       Wirtschaft hin zu einer Bioöko-  Bauen im Bestand, das die Ver-
            spiel bei seinem ersten Nullenergie-Mehrfamilienhaus ‹Sunny     torisierter Verkehr angehören,  nomie, in der nachwachsende  dichtung nach innen fordert,
            Woods›, das 2001 in Zürich-Höngg als viergeschossiger Holz-     hat das Referendum dagegen er-    Rohstoffe an die Stelle fossi-   und im für das Klima entschei-
            bau entstand, die Röhren der Vakuumkollektoren kurzerhand       griffen. Die Vorlage kommt vo-    ler Ressourcen treten. Die na-   denden Sanierungsbereich, den
            zum  Balkongeländer  gemacht.  Gestalterisch,  so  Kämpfen,     raussichtlich am 13. Juni zur  türlichen Ressourcen Wald und  es stark zu entwickeln gilt. Holz
            verfügten die Architektinnen und Architekten heute besonders    Abstimmung. Weite Kreise der  Holz binden enorme Mengen an  ist damit ein unabdingbares Ele-
            bei der fassadenintegrierten Fotovoltaik über eine enorme       Schweizer Wirtschaft unter-       Kohlendioxid aus der Luft und  ment für einen klimatauglichen
            Vielfalt an Möglichkeiten. Bei den Solarelementen sei mittler-  stützen das Resultat der parla-   wirken so als CO2-Senke. Die  Schweizer Gebäudepark.
            weile eine fast beliebige Farbgebung möglich.                   mentarischen Beratung, weil  Branche schafft mit regionaler
                                                                            es Planungs- und Investitions-    Waldbewirtschaftung und Holz-                                 pd
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